Nach Reisen naher Verwandter oder auch befreundeter Paare gerät man häufig in die delikate Lage, der Einladung zum Erlebnisbericht eine Antwort folgen zu lassen. Und obwohl sich Urlaubsziele wie auch technische Medien zur Präsentation der Urlaubsbilder in den vergangenen 20 Jahren stark verändert haben, bleibt das Format doch erschreckend nah am Diavortrag in der Volkshochschule – Es sei denn, die Reisenden haben lokale Alkoholspezialitäten mitgebracht.
Wenn Bands auf Tour waren ist das unter Umständen nicht anders, wobei es ganz hervorragende Tourblogs, wie zum Beispiel das von Kraftklub, gibt. Im Falle der gestern beendeten Promo-Tour zum am 02.08. erschienen ME AND OCEANS-Album [CD, iTunes] kommen wir allerdings nicht umhin, euch mit Bildern, lauwarmen Erzählungen und Urlaubs-Insidern zu langweilen, deren Pointe zu Hause längst nicht mehr zündet.
Es handelte sich um eine Konzertrundreise, deren vorrangiges Ziel in der Vorstellung des neuen Albums bei treuen Fans und solchen, die es werden wollen, bestand. Konzerte auf Gemeinschaftsflächen, in Zwischennutzungsprojekten, Cafés, Hinterhöfen und auf einer Baustelle. Unterbringung bei alten und neuen Freunden. Fünf Tage Arbeit, die sich meist wie Urlaub anfühlten.
Los ging es bei Dagmar und Atze; Eheleuten, deren tatsächliches Alter man ahnt, aber nicht glaubt. Laut dem längst erwachsenen dreiköpfigen Nachwuchs die coolsten Eltern der Welt. Crowdfunding-Konzert mit Kartoffelsuppe und hervoragendem Mojo. Nachts wird am Tisch unter umgekehrten Vorzeichen über Musik diskutiert: Dagmar favorisiert Käptn Peng und Justin Timberlake, während Fab erklärt, warum Genesis erst mit Phil Collins als Sänger knallt.
In Hannover Ceven und die Kumpanei kennengelernt. Absolutes Muss für alle in der Nähe oder auf Durchreise. Location auf dem alten Conti-Gelände, gutes Line-Up und fantastisches Team. Vorher beim Radio gewesen und mit Jens einen der geilsten Musikredakteure im freien Radiobereich kennen gelernt. Andi fährt das Auto zwar gegen totes Holz, lässt sich aber nichts anmerken, nach DEM Konzert ist eh alles vergessen. Gerammelt volle Bude, gespanntes Lauschen und begeistertes Publikum. Danach Mini-Fusion mit Hoola Hoop, Lagerfeuer, Dubstep-Station, bellenden Hunden, urbanen Aktivisten und Gerstensaftkaltschale.
Auf dem Weg nach Erfurt noch fix ein neues John Deer-Cap besorgt, das letzte hat der Wind der Landstraße mitgenommen. Durch den Harz ebenjene gefahren. Dabei gefreut, dass das Album auf Deutschlandradio-Kultur rezensiert wurde. Wir sind jetzt Abitur! In Erfurts schönstem Café gespielt: Der Hilge. Auf dem Rückweg qua Nachthunger in ein lebensechtes McDonals-Gruselkabinett mit getunten Autos, Schranz und Landbevölkerung der schlechteren Sorte geraten.
Zum Ausgleich gab’s am nächsten Morgen Frühstück bei Mutsch in Jena. Mit Frühstücksei. Wir beschließen in Zukunft regelmäßiger Obst zu essen. Den erschreckend vernünftigen Gedanke mit hedonistischem Streetwear-Shopping bekämpft. Glänzendende Adidas-Jacke geschossen. Die Wohnzimmer-Sessions und Gastgeberin Christine bescheren uns ein grünes Wohnzimmer im Innenhof und selbstgemachte Tortillas. Der Zug hält sich an den Fahrplan und fährt nur zwischen den Songs. Die Leute sind geflasht, der überfüllte Innenhof flasht uns. Erstmal ins Grünowski. Dort wohl etwas zu lange geblieben. Auf dem Heimweg Sachen verloren.
Hätte eigentlich nicht besser kommen können. Dachten wir. Erstmal Kaffee mit den Klinke-Jungs. Die ne halbe Stunde später an der Autobahnauffahrt wieder getroffen, konnten uns wegen der verlorenen Sache aushelfen. Telefonkoordination auf der Überholspur und Raststättenwiedersehen. Zu Dresden wissen wir ehrlich gesagt immer noch nicht allzuviel zu sagen: Das war eines der geilsten Konzerte, das wir je erlebt haben. Das Team vom Bautzner Tor hat die komplette Inneneinrichtung auf die Baustelle vor dem Haus geräumt. Und Fab hat dann bis zur Kreuzung den ganzen Straßenzug bespielt. 200 Leute vom Licht der Neustädter Natriumdampflampen angenehm ausgeleuchtet. Abschiedsfoto auf der Bühne. Trauriger Abschiedsschnaps mit dem Team. Wir kommen wieder.
Danke allen Konzertgästen, Veranstaltern, Beherbergern & Helfern.
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