am 06.08. – also kommenden freitag – erscheint unser neuer online release deef & freunde bescheren uns mit „kolonie“ eine athmosphärische electro-ep. deef interssiert sich für musik und das meistens häufig. die stadt mag er nicht besonders und so ist der titel der ep programmatisch für die suche nach einer eigenen form von zusammensein im grünen.
deef ist mit seinem fantastischen projekt an uns herangetreten, was uns sehr gefreut hat. es ist sehr angenehm, jemanden über seine musik kennen zu lernen. da ihr das erst in sieben tagen könnt, haben wir ihm schon mal vorab ein paar fragen gestellt. deef wollte über „gott und die welt sprechen“, weil es bei musik ja sowieso um’s hören geht.
EDIT: nicht zu vergessen: die fotos zum interview stammen aus niklas plessings serie „fahrradreise“ „albert, is it you?“.
deef, deine ep heißt „kolonie“ und erzählt musikalisch z.b. durch vogelzwitschern vom draußen sein. welches draußen ist das?
das draußen ist die nicht-stadt. oft mit pflanzen bewachsen, aber auch steppen sind köstlich.
was stört dich an der stadt?
die stadt erinnert mich durch ihre städtische beschaffenheit an von menschen erschaffene sprache, regeln. stadt – besitzansprüche, beschaffenheit, die zukleisterung mit namen:
dach, wand, straße, ampelanlage, gleise, traurig-verdriesslich-empörte passantenanlagen, autoanlagen, pfand – weg von der annäherung an phänomenal Wahrnehmbares.
ich versinke in der sprache und vergesse zu fühlen und das ist schade, denn ich mag fühlen.
man würde jetzt entgegnen: aber bäume, blätter, wälder sind auch auf einen zukommende namen. dies sei korrekt aber all das zeug ist ohne namen passiert. es hat keine namen benötigt, die namen sind da einfach egal. dächer brauchen dagegen namen, um sie zu bauen.
außerhalb der stadt finde ich schneller und leichter in den bewusstseinszustand bei dem mir die sprache entgleitet.
dieser zustand fühlt sich für mich natürlich-fließender an. als wäre ich näher am mystischen kern der existenz, patheto-esoterisch gesprochen.
(selbstentlarvende entschuldigungen sind erlaubt, aber nur als entlarvungsvorwegnehmende legitimation und das ganze dann als scheinargument!!)
wie produzierst du dann – gleich vor ort draußen, oder mit field recordings, die du dann am rechner zusammen baust?
neee, draußen nie. mein dicker laptop is mir zu schwer. die full HD-auflösung blendet nur unnötig und lenkt ebenfalls von kontemplation ab.
aber seit einem zeitabschnitt nehme ich draußen sachen (vögel, zweige, bienen etc.) auf und verwerte sie liebend gerne, damit ich besser bin als boards of canada, weil sie nur kinder und andere Menschen aus den 70er und 80ern drin haben. leider kann ich mir keinen ordentlichen R2R-recoder leisten, um die analog-wärme reinzubringen. deswegen haben meine freunde einen gefunden, aber es klappt dennoch nicht so gut –
die bänder verwickeln sich dauernd.
was inspiriert dich außer ‚dem draußen‘ zu deiner musik?
alles was mich konstituiert, inspiriert mich, also alles was mich macht. oft aber auch andere tracks. ich bin dann erfüllt von ihrer wunderbarigkeit und diese energie muss dann sofort raus – da kann und will ich mich nicht groß wehren.
wer sind die freunde, die du auf der ep als interpreten mit nennst?
das sind christian wagner an e-gitarre, vocal und okarina, alessia mandanici spielt akustische gitarre und sebastian s. an der e-gitarre. alles passionierte, junge musiker, jünger als alt. aufzählungsmusiker. ich war zu faul mit allen zu besprechen, ob und unter welchen namen und überhaupt und so weiter – deswegen „freunde“ – wollte auch die unmusikalischen freunde als mitwirker miteinbeziehen.
die meisten von ihnen treffe ich mittlerweile sehr sehr selten persönlich, als auch unpersönlich – orte haben sich veschoben und ich habe sowieso zu viel mit interviewanfragen zu tun.
du scheinst jemand zu sein, der sowohl mit dem bauch arbeitet, als auch einen kritischen überbau für sein schaffen hat. daher hier die gelegenheit für dich, der welt zu sagen, was du ihr sagen willst:
vielen dank für das interview.
ich bin selber ein passionierter dichter und möchte noch kurz mein lieblingsgedicht von brecht zitieren:
kommt ein pferd in die bar. fragt der kellner: „was darfs denn sein? was möchten sie.“ antwortet das pferd: „so’n bier wär ganz gut eigentlich. es ist ja ein heißer tag.“ der kellner entgegnet hastig: „ah, nee wir bedienen keine pferde hier. dies ist eine pferdefreie bar! bitte gehen sie.“
der mann, der die ganze Zeit neben dem pferd saß, meldet sich plötzlich: „och, meine frau hat mich grad rausgeschmissen. ich hätte gerne noch ein mineralwasser, aber erst mal muss ich dieses iPhone hier auf diese bar legen. ja, ganz genau.“
irgendjemand sagt von hinten: „wie war das nochmal? egal, hab’s vergessen. muss nochmal kurz nachdenken. ich hol mal was an der bar – so laut hier – is‘ bestimmt wegen den pferden!“