photo: http://www.facebook.com/jahmica/
herzlichen glückwunsch an david, derby und jimmi a.k.a. JAHMICA UND DIE OBSKURIOSEN, die gewinner des GROßEN PREIS 2012. und zwar doppelt: jurypreis und publikumspreis! nachdem also – für einige schon überraschend – zwei hip hop-acts ins finale kamen, setzen sich die boyz nun auch die krone auf.
anstatt sich, passend zur musik der gewinner, entspannt zu freuen, stand unter der woche aber eher (selbst-)kritik auf dem speisezettel. in teilweise recht deutlichen worten, nahmen LVZ und die veranstalter selbst ihre eigene veranstaltung auseinander. lars schmidt hat in der LVZ (leider nicht online) den abend als etwas holprig empfunden und die qualität des teilnehmerfelds kritisiert: „kopflastig […] sammelsurium das nicht zueinander passen will“ und schließlich festgestellt, dass die vorjahressieger KRAHNSTOEVER in einer eigenen liga gespielt haben [was ja theoretisch ein lob für den wettbewerb ist, wenn die vorjahressieger sich so gut entwickelt haben.]. die veranstalter von der MB gingen auf ihrem blog einen schritt weiter: sie halten die kritik für berechtigt und stellen das konzept der veranstaltung ganz in frage: wollen wir ein nachwuchspreis sein, oder die besten bands leipzigs präsentieren?
wir wollen uns an der diskussion beteiligen, indem wir unsere sicht schildern. vorneweg: den kern der kritik – dass der abend vergangenen samstag als ganzes nicht geprickelt hat – teilen wir absolut. was uns nicht gefällt, ist ein eindruck, den beide artikel zwar explizit verneinen, aber der dennoch unweigerlich aufkommt: die bands waren nicht gut genug für einen coolen abend. eine kurze analyse der wichtigsten faktoren für einen gelungenen abend, im abgleich zur realität vom letzten samstag:
line-up: acht wettbewerbs-acts, aus unserer subjektiven (!) sicht nur ein geschmacklicher ausfall, der rest mindestens solide, einiges hochwertig. im vergleich zum vorjahr aber offenbar weniger acts, die auf größere bühnerfahrung zurückblicken können. da die reihenfolge aus fairnessgründen gelost wird, ist leider keine sinnvolle strukturierung des abends möglich (leise bands nach vorne, laute zum schluss).
publikum: im vergleich zum vorjahr hatte sich die publikumszahl mehr als halbiert, was neben parallelveranstaltungen wohl auch mit der ausbleibenden vorberichterstattung durch die LVZ zu tun hatte (gab es von der L-IZ überhaupt einen artikel?). noch im vorjahr wurde jeder finalteilnehmer eigens in einem artikel vorgestellt, gestreckt über fast zwei wochen. dadurch waren 2012 auch wesentlich weniger „neutrale“ zuschauer da, die sich wirklich von einer ihnen bis dato unbekannten band überzeugen lassen wollten. stattdessen hatte jeder act mal mehr, mal weniger fans dabei – die sich dann bei anderen oder ruhigeren acts weniger aufs zuhören als aufs reden konzentriert haben.
technik/bühne: die „halle d“ ist bei wenig publikumszuspruch etwas monströs dimensioniert: die bühne ist dann wesentlich größer und breiter, als der pulk davor. leider gab es außerdem fast durchgängig probleme mit der tontechnik. neben dem üblichen und vermutlich nicht abstellbaren gemecker, dass sich irgendjemand nicht gut hört, waren da auch echte aussetzer dabei, die eigentlich nicht vorkommen dürfen. so wurde offenbar eine beim soundcheck erarbeitete einstellung am digitalpult beim auftritt nicht wieder gefunden oder falsch angewählt. dazu wurde teilweise nur sehr zögerlich auf zeichen der musiker reagiert, wenn ein monitorweg ausgefallen oder deutlich zu leise war. das betraf unserer wahrnehmung nach mindestens 4 von 8 acts. verbunden mit dem wissen um probleme beim soundcheck-zeitplan ist hier schon eine erklärung für teils nicht-optimale performances.
das größte problem in der angesprochenen diskussion von LVZ und veranstaltern scheint aber der anspruch des abends zu sein. dazu muss man wissen, dass DER GROßE PREIS als leipziger rockwettbewerb eine große geschichte hat. unter verschiedenen namen (1996, 1998-2003 „Der große Preis“, 1997 „Der große Reiz“) wurde anfang der 90er bis mitte der 00er jährlich leipzigs „Band des Jahres“ gesucht. das ganze mit teilweise über 1000 gästen im haus auensee und klangvollen namen als sieger wie THINK ABOUT MUTATION oder PALESTAR. verständlich, dass das maue feedback dieses jahr da zum nachdenken anregt.
der schlüssel liegt unseres erachtens aber in der formulierung des basteiblogs „die wichtigen entwicklungen der hiesigen szene wurden damit einfach nicht eingefangen“. was ist damit gemeint? das erfolgreiche und interessante leipziger bands bzw. künstler offenbar nicht teilgenommen haben? und wer ist die (singular) leipziger szene? alle die zur (pop up gehen? es gibt keine singuläre leipziger musikszene.
es gibt bands in leipzig, es gibt electro-künstler in leipzig, es gibt djs in leipzig und es gibt viele subszenen in leipzig. und die besten davon spricht man nicht mit einem wettbewerb an. weder mit „einem“ noch mit „wettbewerb“. das genre des wettbewerbs ist unter künstlern durch zahlreiche marketingeskapaden von auto- und likörherstellern leider ruiniert. und es werden sich niemals alle – aus unserer subjektiven sicht – interessanten projekte der leipziger musiklandschaft auf eine offene ausschreibung für einen bandwettbewerb bewerben. außerdem ist es schwierig in einem kompetetiven format mit siegern und nicht-siegern zwischen verschiedenen genres fairness herzustellen. wie kann man dem problem nun begegnen?
wir sind dafür, dem dilemma – ein hohes niveau in performance und musik niveau bei einer breiten stilistischen beteiligung zu erreichen – offensiv zu begegnen. „die band des jahres“ ist in seiner zuspitzung ohnehin ein unerreichbares, quasi-objektives konstrukt. niemand erwartet, dass der große preis die bandlandschaft leipzigs nach mehrheitsverhältnissen oder vollständigkeit abbildet. dann müsste er fairerweise – auch gemessen an den einsendungen – wohl ein metal-wettbewerb sein. der preis wird immer von geschmackspräferenzen und zufälligkeiten des abends abhängig sein. es geht also um lösungen, die das konzept bereits im vorfeld von „hier kann sich nachwuchs bewerben“ zu „wir ziehen ne fette nummer ab“ zu verschieben.
MODELL BRANCHENTREFF – warum delegiert man die auswahl der teilnehmer nicht an einzelne musikalische institutionen leipzigs? das bandhaus steuert eine gitarren-band bei, das electro-blog frohfroh lässt seine leser aus leipziger live-electroc-acts voten, radio mephisto & radio blau schlagen jeweils unter bestimmten stilistischen maßgaben einen act vor und mottt.fm kümmert sich um die aftershow. dazu noch ein paar vereinigungen, die naturgemäß anlaufstelen sind, weil sie viel booken oder promo machen (wir, first step, echolux, …) jemanden ins rennen schicken lassen, und der laden läuft. vorteil: mehr involvierte heißt mehr aufmerksamkeit + die institutionen haben eine eigenmotivation, gute acts auszusuchen. nachteil: ist von unten nach oben deutlich weniger durchlässig, weil ja gezielt netzwerkknoten angesprochen werden. so laufen übrigens die meisten bandwettbewerbe und musikpreise, die keine werbeveranstaltungen sind.
MODELL FESTIVAL – eine ganz andere lösung in eine ähnliche richtung wäre, jedes jahr jemanden die auswahl der acht finalbands kuratieren zu lassen. nur eine person. das treibt das ohnehin wichtigste kriterium (die subjektive wahl) auf die spitze, und wenn jemand mit fachkenntnis und stallgeruch (z.b. donis) das macht, kommt da auch ein gutes und breites line-up bei raus. oder der vorjahressieger ist gehalten, im jahr danach acht finalisten nach bestem wissen und gewissen auszusuchen. ein bandwettbewerb als subjektiv-künstlerischer blick auf leipzigs musikszene, als minifestival!
solche ansätze gepaart mit ein paar stellschrauben am konzept des konkreten abends (müssen es 20 minuten pro band sein? müssen es 8 finalisten sein?) können anspuch und wirklichkeit vom GROßEN PREIS näher zusammenbringen. der durch die kritik entstandene eindruck, dass am samstag bis auf die sieger lahme nachwuchsbands ohne punch auf der bühne standen, wird vor dem hintergrund dieser identitätskrise hoffentlich etwas relativiert.