Kollege Schnürschuh ist gerade in paar Wochen in Amerika und schickt immer mal fotografische Updates von da. Außerdem geht er dort neben seiner Arbeit auch der Freizeit nach, die ihn hin und wieder auch in musikalische Gefilde bringt. In den kommenden zwei Wochen wird hier immer mal davon zu lesen sein.
„Pittsburgh ist eine Arbeiterstadt, die sich seit der Stahlkrise in den 70ern versucht, neu zu finden. So ein bisschen wie das Ruhrgebiet. Demenstprechend auch der Musikgeschmack: Der Herbert heißt hier Bruce und lebt die Erinnerung an den stählernen Pulsschlag energetischer vor als sein zuweilen etwas verkopftes deutsches Pendant. Die großen Hymnen der Leute sind ein bisschen „white flight“ angehaucht: Sehnsüchtige Texte über eine Großstadt-Realität, die es so häufig gar nicht mehr gibt, gespielt in den Garagenauffahrten von weißen Suburbs.
Aus Detroit, einer Stadt mit ganz ähnlicher Entwicklung und noch katastrophalerem Sozialstandard kommt der musikalische Beweis, dass Strukturwandel mehr als Nostalgie hervorbringen kann. Danny Brown ist eine innovative Kraft im US Hip Hop. Mit Zahnlücke, engen Jeans und 80s Rock Band-Shirts passt er nicht ganz ins Gangsterklischee und auch sonst macht der Mann vieles anders: Seinen landesweiten Durchbruch hatte er 2011 mit dem kostenlosen herunterladbaren Album „XXX“, dass bei den Kritikern hoch gelobt wurde.
Sein zweites Album auf dem Label Fool’s Gold, „old“, verkaufte dann gleich 15.000 Einheiten in der ersten Woche und stieg damit auf Platz 17 der Billboard Charts ein.
Ich hatte die Chance, ihn in Pittsburgh in einer ehemaligen Kirche, neuer Name passenderweise „Altar Bar„, zu sehen. Vor 500 Leuten gab es 50 Minuten Dauerfeuerwerk, das leider wenig von Danny Browns Witz und Charme rüberbrachte. Irgendwie kann ich mich mit der Art und Weise, wie Rap häfig präsentiert wird nicht so anfreunden: Vollkommen übersteuerte Anlage, ein Laptop-DJ, der die ganze Zeit auf und ab springt und als größte musikalische Einzelleistung diesen bescheurten Gasdruckfanfaren-Sound einspielt. Dazu hat das Set null Struktur und es wird die ganze Zeit 150 % gegeben. So dass sogar die Fan Boyz nach 40 Minuten etwas erschöpft die Arme sinken lassen. Sorry fürs Jammern, ich bin offenbar alt. Was dennoch herausstach, waren die Mikrofon- und Rapskills von Brown, der keine Mühe hatte, mit seiner (nicht digital) gepitchten Stimme jederzeit deutlich und klar über dem Bass-Brei aus den Lautsprechern zu sein.
So long aus Pittsburgh, nächste Runde: Kneipensongs!“