best of // BRAZIL


Bild: Brazil Flag Music Icon / Sussepudim / Public Domain

 
Fußball ist ein schwieriges Thema. Nicht dass wir es nicht mögen, sehr sogar! Es ist nur sehr schwierig, die Balance zu halten. Nicht jedem Verstrahlten, der RB liked gleich die Facebookfreundschaft zu kündigen (es werden immer mehr). Nicht Geifer spuckend einen Herzinfarkt zu kriegen, wenn man an „seinen“ Verein denkt (Danke HSV 2013/14 – FÜR NICHTS!). Und nicht diese sich selbst persiflierende Jubelperserberichterstattung mitzumachen, wenn das DFB-Team erfreulich hoch gewinnt (Zählt mal Startseitenartikel WM vs. Gaza heute bei FAZ oder Süddeutsche).

Aber es gibt ja einen Königsweg auf diesem Blog, der sogar RB-„Fans“ und uns an einen Tisch bringen kann – Musik! Ähnlich wie 2010 schauen wir einfach mal musikalisch ins Gastgeberland. Diesmal gar nicht so sehr auf der Suche nach unentdeckten Trüffeln, sondern einfach volle Breitseite ohne Angst vor Klischee, 11 songs best outta brazil (oder zumindest fast von da).

 

O Caminho do Bem – Tim Maia

Warm, funky, fetter Groove. Von 1976. Gefunden auf dem City of God-Soundtrack. Tim Maia singt hier vom Weg des Guten, den er zweifelsohne beschritten hat. Einer der legendärsten brasilianischen Musiker des 20. Jahrhunderts. Nicht mal Fotos aus seinen letzten Jahren können an seiner Legende rütteln.

Ratamahatta – Sepultura

„Sepultura“ stand in krakeliger Schrift auf der Wand der Turnhalle meiner Grundschule. Vermutlich das erste Graffiti, das ich bewusst gesehen habe. Später fand ich heraus, wer oder was Sepultura ist. Und die Graffiti-Geste steckt auch in diesem Song von 1996: Die verdrogten Zombies stapfen durch die heruntergekommenen Ecken – hallo Downtown, schau mal her!

Construção – Chico Buarque

Der brasilianische Rolling Stone hat das Teil im Jahr 2010 auf Platz 1 der 100 besten brasilianischen Songs gewählt. Wikipedia sagt, es handelt sich um eine sehr politische Nummer: „Texte handeln von Tod, den Routinen des Alltags, Trennung und Exil, unterschwellig üben sie auch Kritik an der Militärdiktatur“. Uns gefällt, wie unterdrückte Wut auch auf zartem Bossa flowt.

Copacabana – Barry Manilow

Ok Barry Manilow ist ganz sicher kein Brasilianer. Und streng genommen geht es im Song nicht mal um die Küste vor Rio, sondern einen New Yorker Nachtclub. Und auch musikalisch hat das nichts mit Brasilien zu tun, vielmehr dem Peak der Diskoeuphorie. Aber immerhin, angeblich wurden Manilow und seine Produzenten bei einem Hotelbesuch an Rios Copa zum Titel inspiriert. Moment mal, warum rechtfertigen wir uns eigentlich? Es ist Copacabana!

Copacabana Remix – DJ Hell

Wie watt nochmal? Ja, aber ganz anders. Besonders als Video wertvoll. Die von DJ Hell 2003 zersäbelten Samples des Originals geraten hier zur perfekten Fortschreibung der Copa: Statt Manilows bürgerlich-idealisiernder, Vorstadt-kompatibler Nachtclub-Liebestragödie zeigt das Video zur Disko-Copa, was im Nachtclub wirklich verhandelt wird: Eingeölte Körper.

Lady Laura – Roberto Carlos

Roberto Carlos, der mit den Freistößen? Fun Fact: Der ist nach diesem Sänger benannt! Roberto Carlos (der Sänger) ist der erfolgreichste Interpret Barsiliens mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern. Dafür hat der Mann seit den 50ern auch jede Mode mitgemacht. Elvis kopiert, die Beatles kopiert und dann: nur noch Schmusesongs. Der hier ist besonders schön. Und später seiner Mama gewidmet worden. (Wie von allen erfolgreichen Songs von Roberto Carlos gibt es davon Versionen für den spanischen Markt, so eine auch hier. Ihr Schlauberger.)

Triunfo – Emicidia

Natürlich gibt es auch Mainstream erfolgreichen Hip Hop aus Brasilien. Hier ein sehr funky Beispiel von Emicidia aus São Paulo. Der MC wurde über Myspace und Youtube bekannt und konnte ein stattliche Zahl Verkäufe platzieren.

Casa Caiada (Guip de Vomes remix) – Daúde e Dudu Marote

Dudu Marote ist einer der wichtigsten Popproduzenten Brasiliens. Bei Ableton haben sie ihn neulich ausgiebig vorgestellt – Lohnt sich zu lesen. Hier ein Stück von 1999 zusammen mit der Sängerin Daúde. Deren von Dudu Marote mitverantwortetes Album „Simbora“ war für die brasilianische Musikwelt so etwas wie die Tom Jones-Platte oder der andere Mousse T-Kram bei uns Ende der 90er, Anfang der 00er. Die Rückkehr des Disco in den Mainstream.

Vou Vivendo – Pixinguinha

Kennt man ja vom Fußball schauen. Das Sinnbild für brasilianische Lebensfreude sind musizierende Spieler im Bus. Die reiche afro-brasilianische Musiktradition erschöpft sich nicht im Samba, sondern kennt zahlreiche Spielformen, wie den choro – dem Lamento, dem „kleinen Schrei“. Der Godfather des Choros ist Pixinguinha. Der hat in den 20er und 30er Jahren viele überlieferte Lieder a bisserl aufgepeppt und offenbar auch gern Jazz und Ragtime gehört. War natürlich verpönt damals unter den realen Choro-Leuten. Heute zeitlose Klassiker.

Domingo no Parque – Gilberto Gil e Os Mutantes

Auf Deutsch würde man hinter „Gilbert Gil und den Mutanten“ mit ihrem Hit „Sonntags im Park“ sicherlich kein Feuerwerk erwarten – höchstens Freakfaktor. Aber Gilberto und seine Band reißen das Haus ab. Richtig mit Schreien und der ganze Saal singt mit. Und auch ein geiler Song. Irgendwie drei Nummern in einer. Zwei Jahre später musste Gilberto wegen einem politischen Statement in einer Fernsehshow wie dieser in den Knast, vor wenigen Jahren war er dann mal Kultusminister in der Lula-Regierung. Klingt nach drei Lebem in einem!

Sou Negrão – Rappin‘ Hood

Rap über Samba muss gut klingen, stellt man sich vor. Tut es auch. Rappin‘ Hood ist ein 90s Urgestein des brasilianischen Hip Hop. Sou Negrão heißt so viel wie „Ich bin ziemlich schwarz“ und thematisiert black pride: „Groß wie Othello, João do Pulo, BB King und der Blues“



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