#ListentoLeipzig


Bild: Header „Listen to Leipzig“ // Listen to Leipzig // CC 3.0 BY-SA

 
Wenn man in Leipzig Musik macht oder damit zu tun hat, welche zu vertreiben, läuft einem über kurz oder lang folgende Frage über den Weg: »Wann kommt eigentlich nach den Prinzen mal wieder etwas Großes aus Leipzig?« Die Frage ist so lustig wie nervig, ein bisschen berechtigt aber auch ein Stück weit daneben – Sie zeigt aber zwei Probleme, die jetzt mit dem gemeinsamen Hashtag #ListentoLeipzig angegangen werden sollen.
 

1. Eine Stadt kennt ihre Musiker nicht

Ein nach wie vor überraschend wirksames Gesetz des deutschen Musikmarkts lautet: Sind deine Texte nicht deutsch, wirst Du erst über den Umweg Ausland als relevant wahrgenommen. Ganz wenige Ausnahmen bestätigen die Regel, für die allermeisten gilt: Wer nicht atemlos alles nur geklaute Mitsingreime rausballert, muss sich was einfallen lassen (siehe 3.). Und ganz ehrlich, liebe Leipziger, gäbe es ein paar Inseln wie Den großen Preis oder die Heldenstädter nicht, wüsstet ihr nicht allzuviel von den lokalen Musikern.

Da gibt es nämlich einiges, das künstlerisch ziemlich wertvoll ist, ziemlich große Fanbase hat, oder selbstverständlich auf die wichtigen Bühnen seines Genres gebucht wird. Entdecken lohnt sich. Und an die Leute, die hier professionell und/oder im öffentlichen Auftrag Marketing machen: Wenn man sich schon in der Aufmerksamkeit internationaler Gazetten sonnt, kann man ruhig mal schauen, wo die Kontakte zu den Leitartikeln genau herkamen. Mal ganz zu schweigen davon, lokale Szenen als Standortfaktor zu verkaufen und selbst noch nie Indie-Acts ins Schaufenster gestellt zu haben.
 

2. Was ist Erfolg in der Popmusik?

Die Prinzen sind zu Recht als großes Ding in Erinnerung, weil sie unglaublich viele Platten verkauft haben. Über 6 Millionen um genau zu sein, mehr als Cro, Sido und Bushido zusammen. Aber der Maßstab funktioniert nicht mehr, denn heute wird Musik exponentiell zunehmend digital gehört, statt physisch gekauft. Wir sind dafür, mal von diesem Massenmarktdenken wegzukommen.

Ein radiotaugliches Album zu produzieren kostet nicht mehr automatisch mittlere fünfstellige Beträge aufwärts. Und von seiner Musik als Popmusiker hauptberuflich leben zu können, ist ein Erfolg. Ob Klicks in dieser Rechnung Erfolge sind, beurteilen Künstlerherz und Abrechnungshirn durchaus unterschiedlich, aber es ist einfacher geworden, seine Musik zu verbreiten. Allerdings findet diese potentielle Verfügbarkeit immer vor dem Hintergrund schier unendlicher Auswahlmöglichkeiten (Couch und Netflix, Konsole zocken, Weggehen, Podcast hören, Radio, veganer Döner, Sport, Sachsenbrücke, Arbeiten, Kind, …) statt.

Das wichtigste Kriterium für Erfolg in der Popmusik ist übrigens gleich beblieben: die Musik. Ein guter Song ist ein guter Song. Eine Hook die funktioniert, ist eine Hook die funktioniert. Und beim Hören eines Titels etwas zu fühlen, von dem man ahnte, dass es da ist, (wieder-) zuentdecken ist echt.
 

3. Hash-was?

Im Gespräch mit Martin Jörg von Wanderlust Booking entwickelte sich die Idee, diese beiden Probleme mit einem einfachen Mittel anzugehen: Ein gemeinsames Hashtag Leipziger Musiker und Musikerinnen jenseits von Bach, Gewandhaus & Co. macht die hiesigen Perlen a) sichtbar und Plattformübergreifend suchbar und führt hoffentlich dazu, dass b) Leipzig und seine Besucher ein realistischers Gefühl für Qualität und Erfolg der musikalischen Acts der Stadt entwickeln.

Eine Motivation für die Idee war eine Anfrage von der Reiseredaktion des Guardian für ihr aktuelles Leipzig-Special. Sie baten uns, eine Spotify-Playlist mit Leipzig-Titeln zusammen zu stellen, die aus unserer subjektiven Sicht ein bisschen was über lokale Musikszenen erzählt. Andi hatte großen Spaß daran, diese zu basteln und sich anschließend gefragt, warum eigentlich niemand aus Leipzig versucht, regelmäßig kleine Geschichten zu aktueller Musik zu schreiben.

Wie geht das nun, „Hashtag“? An Beiträge über/von Musik aus Leipzig kann jede/r din sozialen Netzwerken wie Facebook, Twiter, Instagram, Soudncloud oder whatsoever das Hashtag #ListentoLeipzig dran hängen. Ein Klick darauf oder eine Suche danach führt Interessierte dann zu weiteren Tracks. Und vielleicht retweetet Helene Fischer an einem regnerischen Tag mal einen Song samt dem Hashtag und plötzlich fragt niemand mehr nach den Prinzen.

Außerdem sammeln und stellen wir regelmäßig ein paar Aushängeschilder vor; sowohl auf Facebook, als auch auf Twitter. Und wir haben eine Playlist auf Spotify eingerichtet, die regelmäßig anhand von Kriterien wie Aktualität, Relevanz und künstlerischer Qualität aktualisiert wird. (Bitte sehr gern immer Vorschläge machen: listen x listentoleipzig.com)

Zusammen läuft das dann noch auf der Website (under construction) als Visitenkarte. Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele und relevante Leipziger Acts mitmachen. Wir haben Lust, zu zeigen, das hier durchaus Popmusik auf hohem Niveau passiert. Statt lange nichts ist 20 Jahre nach den Prinzen nämlich einiges am Start, man muss nur besser zeigen und gezielter fördern.



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